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Computermusik

Anfag der Achzigerjahre kamen die ersten CDs auf den Markt und es lag in der Luft, dass man dieses neue, digitale Audio-Format auch direkt im Computer bearbeiten koennen muss. Darin sah ich eine grosse Chance. Ich hatte naemlich schon seit Jahren immer wieder Sonderanfertigungen von analogen Geraeten in Auftrag gegeben, teils, weil entsprechende erhaeltliche Effektgeraete und Synthesizermodule von viel zu minderer Qualitaet waren, um damit systematisch arbeiten zu koennen, teils auch, weil es die Dinge, auf die mich meine experimentellen Ueberlegungen fuehrten, auf einem kommerziellen Markt von Effektgeraeten ueberhaupt nicht gab. Das war muehsam, zeitaufwendig und kostenintensiv. Eine software-Loesung zeichnete sich ab. Programmieren konnte ich einigermassen, also besorgte ich mir meinen ersten Computer, nach einigen Vergleichen einen nagelneuen PC (mit einem 8MHz-Prozessor, 512kB RAM, einer 20MB harddisk und einem monochrom gruenen Textmonitor) und versuchte einige Leute zu animieren, mir geeignete DA- und AD-Wandler dafuer zu bauen. Das war nicht so einfach. Einerseits hatte niemand Erfahrung damit, andererseits, war es nicht moeglich, geeignete Bauteile dafuer zu bekommen. Nach einigen Monaten musste ich daher das Unternehmen als gescheitert betrachten. Enttaeuscht entschloss ich mich, den Computer wieder zu verkaufen, denn er hatte damals immerhin soviel gekostet wie ein neuer Kleinwagen.
Ich gab ein dementsprechendes Inserat auf.
Bis sich aber ein Kaeufer findet, dachte ich, koennte ich die Maschine noch mit irgendetwas Nuetzlichem beschaeftigen, zum Beispiel alle magischen Quadrate berechnen.
Aus irgendwelchen Gruenden brauchte ich gerade ein magisches Quadrat 9 mal 9, das ich nirgendwo finden konnte. Also schrieb ich ein kurzes Programm, in dem der Computer die Zahlen von 1 bis 81 so lange zufallsartig umgruppiert, bis endlich eine Loesung als magisches Quadrat dabei entsteht.
Ich wartete – Minuten, Stunden – keine Loesung zeigte sich ab.
Eine ueberschlagsmaessige Rechnung ergab folgendes: Es gibt genau 81-faktorielle Moeglichkeiten, 81 Zahlen anzuordnen (also 1*2*3*4*...*81). Wenn ich Pech habe und die Loesungen zufaellig alle erst am Schluss kommen, dann kann es lange dauern, naemlich: 1000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000
000000000000000000 Jahre !
(Mit unseren heutigen, um ein Vielfaches schnelleren Computern, dagegen nur noch
1000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000
000000000000000 Jahre).
Das ging entschieden zu weit. Das Problem musste eingegrenzt werden.
Also ueberlegte ich, wie man offensichtlich ungeeignete Kombinationen gleich von vorneherein ausschliessen kann. Dabei stiess ich auf die Bildungsgesetze der Magischen Quadrate – erst die der ungeraden, dann die der geraden, durch 4 teilbaren.
(Die uebrigen fand ich nicht, weil es sie vermutlich nicht gibt. Bereits fuer das erste in der Reihe, 2mal 2, gibt es keine Loesung).
Ich konnte alle loesbaren magischen Quadrate nun nach einem einfachen Schema in einer Grundform haendisch hinschreiben. Allerdings – ein Quadrat 100 mal 100 haendisch hinzuschreiben ist Knochenarbeit ! Jetzt erst begriff ich es: genau da kann einem die Maschine helfen. Ich schrieb das Programm dementsprechend um und konnte nun mit einer Eingabe jedes moegliche magische Quadrat in beliebiger Groessenordnung sofort ausgedruckt oder abgespeichert erhalten.
Ich cancelte das Inserat und behielt den Computer.

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