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multitrack

Komposition in Mehrspurtechnik

Von den Beatles sagt man, sie waren die erste Band, die ein 4-spur Tonbandgeraet fuer Aufnahmen benutzt haetten, von Frank Zappa sagt man, er habe die Studiotechnik mit 24 und 48 Spuren vorangetrieben. In der heutigen Musikproduktion ist Mehrspurtechnik eine Selbstverstaendlichkeit. Moderne Sound-Editoren bieten eine nahezu uneingeschraenkte Anzahl von Tonspuren, die bis zu einem gewissen Grad sogar in realtime zur Verfuegung stehen.
Aber Mehrspurtechnik ist nicht gleich Mehrspurkomposition. Die produktions-technische Aufteilung von verschiedenen Elementen auf verschiedene Spuren genuegt nicht fuer eine mehrkanalige Interpretation in einer Auffuehrungssituation. Im Gegenteil: Musik, die hinsichlich einer stereo-Abmischung mehrspurig angelegt ist, verliert gewoehnlich an Kompaktheit, wenn man die Mischung aufhebt und die einzelnen Spuren verschiedenen Lautsprechern zuordnet, ohne dass sich deshalb musikalisch stringente raeumliche Beziehungen auftun.
Von Mehrspurkomposition kann man erst dann sprechen, wenn die Zuordnung der Elemente zu den verschiedenen Spuren oder Spuren-Gruppen einer kompositorischen Logik folgt.

Es gibt grundsaetzlich zwei Typen von Mehrspur-Kompositionen: solche, bei denen die Spuren getrennt behandelt werden und solche, bei denen die Spuren als ein stereophones Kontinuum gedacht sind. Der Unterschied liegt sowohl im kompositorischen Ansatz, als auch in der Inszenierbarkeit. (Ueber Mischformen und Hintergrundformen soll spaeter gesprochen werden). Unterscheiden wir fuers erste Mehrspurtechnik M (mit beliebiger Kanalanzahl) und Stereofonie S (ebenfalls mit beliebiger Kanalanzahl).

Polyphonie

In der polyphonen Mehrspurtechnik hat die Anzahl der Spuren eine formale Bedeutung wie die Anzahl der Stimmen in einer Instrumentalkomposition. Die Wahl der Spuranzahl darf nicht allein eine Frage der technischen Moeglichkeiten sein, sie muss sich aus dem kompositorischen Ansatz ergeben. Sie darf auch keine Frage von Normen sein. (Es ist mehr als verdaechtig, wenn zu einem Zeitpunkt, zu dem erschwingliche Achtkanalmaschinen auf den Markt kommen, ploetzlich nur mehr Achtspurstuecke produziert werden. – Unwahrscheinlich, dass das in jedem Fall der inneren kuenstlerischen Logik entspringt).
Dabei kann man sich die Erfahrungen der Instrumentalmusik zunutze machen (sowohl in der Klassik, als auch in der Popmusik). Man weiss ueber die Moeglichkeiten, Beschraenkungen und Schwaechen von formalen Konstellationen bescheid: Man weiss, wie sicher aber formal beschraenkt ein Trio ist; man weiss, welche Festigkeit ein Quartett haben kann; man weiss, wie schwer es ist ein Quintett in Balance zu halten, wie wenig Zusammenhalt ein Sextett bietet, wie leicht ein Oktett in zwei Quartette zerfaellt; usw.
Diese einfachen Konstellationen werden gerne von den Anspruechen der verschiedenen Musikstile okkupiert und geben sich nicht selten sakrosankt oder zumindest konservativ. Bekannt ist die Einteilung von Trio-Formationen in Soloinstrument, Rhythmusinstrument und Bordune (oder Bass), die es sowohl im Jazz gibt (Saxofon, Bass, Schlagzeug), als auch in der indischen Musik (Sitar, Tabla, Tambura).

1-kanal

aus technischen Gruenden (analog)

 

@ Pierre Henry 

Voile d'Orphee

 

@ Guenther Rabl 

Mugl Entsteigt

 

aus technischen Gruenden (digital)

 

@ Bill Schottstaedt

Leviathan

@ Guenther Rabl 

Von anderen Sonnen

 

aus formalen Gruenden

 

@ Guenther Rabl 

4 Skizzen

2-kanal

stereo  
 

3-kanal

 

surrounding

 

frontal

 

@ Guenther Rabl

Trio I
Landschaft

4-kanal

 

quarree

 

Vier Lautsprecher in den Saalecken. Scheint auf den ersten Blick universell einsetzbar, da doch die meisten verfuegbaren Raeume grundsaetzlich quaderfoermig sind. In der Praxis aber findet sich aber selten ein Raum, dessen Ecken gleichermassen fuer die Lautsprecheraufstellung verfuegbar oder zugaenglich sind.

@ Karlheinz Stockhausen

Gesang der Jünglinge (ursprünglich 5-kanal?)
Kontakte
Hymnen
 

@ Edgard Varese

Poeme Electronique (ursprünglich 3-kanal?)
 

@ Guenther Rabl

Styx
Eve
Kleine Fuge

frontal

 

@ Guenther Rabl

Belcanto

 

irregulaer

  @ Katharina Klement

Bardo-Stuecke

 

mobil

 

@ Guenther Rabl

Imps
fuer 4 'Klangmobile' mit je einem L, die waehrend der Auffuehrung herumfahren

 

quadrofon

 

@ John Chowning 

Phonee
Turenas
Stabelite

 

@ David Jaffee

Silicon Valley Breakdown

 

@ Michael Obst

Kristallwelt 

5-kanal

 

surrounding

 

@ Karlheinz Stockhausen

Gesang der Jünglinge
Die ursprüngliche 5-kanal Fassung ist möglicherweise aus technischen Gründen nie realisiert worden, sondern in die bekannte 4-kanal Fassung umgearbeitet worden.

 

irregulaer

 

@ Guenther Rabl

Der Arme Spielmann
4 Lautsprecher am Boden (ambient) und 1 Lautsprecher im Zentrum (solo)

6-kanal

 

surrounding

 

@ Guenther Rabl 

Bittersweet
inhaltlich 2 zueinander versetzte 3-kanal Teile (Hexagon)

 

triple stereos

 

@ Rolf Enstroem

TNT
3 stereo-Paare, gedacht fuer 3 simultane Rundfunksendungen

7-kanal

8-kanal

 

surrounding

 

@ Iannis Xenakis

Bohor
2 Verisionen: die urspruengliche mit 8 getrennten Kanaelen und eine spaetere Abmischung, bei der diese 8 Spuren mit stereofonen Raumbewegungen wiederum 8 Kanaelen zugeordnet sind

 

irregulaer

 

@ Guenther Rabl

Betiri
2L vorne in den Ecken, 4L in einem Trapez auf der Buehne, 2L ueber Publikum

 

kubus

 

@ Guenther Rabl

Katharsis

 

oktofon

9-kanal

10-kanal

 

irregulaer

 

@ Guenther Rabl

Etude in Grau

 

@ Bernhard Lang

Hexagrammatikon

11-kanal

12-kanal

24-kanal
  irregulaer  
  @ Guenther Rabl Mite E-lite
3-12 stereo-Paare in unterschiedlichster Zuordnung

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