| Günther Rabl Electric Orpheus |
| Complex Audio |
| Computermusik |
| Fourier-Transformation |
| Frequenzverschiebung |
| KOKA |
| Lautsprecher |
| Lautstärke |
| Loops |
| Material |
| Metazeit |
| multitrack |
| Reihen und Systeme |
| Tempo |
| Tonsysteme |
| Transformation |
Transformation
|
| Faktor = 1.0 | Originaltempo | |
| Faktor = 2.0 | doppeltes Tempo | |
| Faktor = 0.5 | halbes Tempo |
Entsprechend diesem Faktor veraendern sich dabei Tonhoehe
(proportional), Dauer (reziprok), Steilheit (proportional), Rhythmus
(proportional).
Bei einem Faktor 2.0 zum Beispiel bekommen alle Teiltoene im
KM die doppelte Frequenz (Oktave), die Gesamtdauer des KM wird dabei halb so lang, der innere
Rhythmus doppelt so schnell. Hat das KM perkussive Komponenten (attack -
decay), dann ist auch eine proportionale Aenderung der Steilheit zu
beachten - der Klang wird 'haerter' oder 'schroffer'.
Mit Bezug auf die Tonhoehenaenderung laesst sich der
Parameter auch in Form der gewohnten musikalischen Intervalle angeben (Faktor =
2.0 - eine Oktave hoeher, eigentlich 'schneller').
|
Intervall |
Faktor (rein) |
Faktor (temperiert) |
|
|
Oktave |
2.0 |
2.0 |
|
|
Quint |
1.5 |
1.4983 |
|
|
Quart |
1.3333 |
1.3348 |
|
|
gr.Terz |
1.25 |
1.2599 |
|
|
kl.Terz |
1.2 |
1.1892 |
|
|
Ganzton |
1.125 |
1.1225 |
|
|
Halbton |
1.0667 |
1.0595 |
Desgleichen auch in Cent (ein hundertstel Halbton,
1200 Cent sind eine Oktave).
Die Umrechnung von Cent (C) in Tempofaktor (T) :
|
T = 2.**(C/1200) |
|
| C = 1200*log(T)/log(2) |
(Achtung: Bei manchen Samplern wird satt Cent eine aehnliche Unterteilung in 1024 Stufen / Oktave verwendet. In diesem Fall ist bei der obigen Umrechnung 1200 durch 1024 zu ersetzen).
Hauefig findet man auch Angaben in Prozent fuer Tempoveraenderungen (zB. varispeed bei Tonbandmaschinen). Dies ist nicht zu empfehlen, da die betreffenden Intervalle nach oben und nach unten verschieden sind: 50% schneller waere eine Quint hoeher (Faktor 1.5), 50% langsamer waere eine Oktave tiefer (Faktor 0.5).
Ein Sonderfall der Tempotransformation ist die Zeitumkehrung
(time reverse)
Sie steht in der Regel isoliert da (switch) und ist
in das Tempokontinuum nur ueber den hypothetischen Tempofaktor 0 einzubinden.
|
Faktor = 1.0 |
Originaltempo | |
|
Faktor = 0 |
Stillstand |
|
|
Faktor = -1.0 |
Zeitumkehrung |
(Es existiert aber ein zyklisches Kontinuum zwischen einem
Original und seiner Zeitumkehrung
>> Fraktionale Fouriertransformation
).
Zeitumkehrung wird vielfach und auf verschiedene Weise verwendet: zur
Auflockerung oder Desillusionierung [@6], apokryph, um eine Botschaft zu
verstecken [@1], als dramatisches Element [@7], systematisch als Spiegelung
[@5] [@8]
Besonders bei vertrautem Klangmaterial (zB. menschliche
Stimme) zeigt sich folgendes Phaenomen:
Bei geringer Transposition (bis etwa 2.0 oder 0.5), in der das Original
noch erkennbar ist, stellt sich eine Irritation ein, die auf eine triviale Art
belustigend wirkt (Mickymouse-Effekt). Ursache davon koennte sein, dass
wir zu jedem zeitlichen Ablauf
automatisch eine Groessenordnung assoziieren. Wesen aber, die sich so
bewegen, spielen oder sprechen, muessen notwendig kleiner sein und ungefaehrlich,
bzw. groesser und plump und daher auch ungefaehrlich. Demgegenueber fuehlt man
sich selber maechtig - und das ist lustig
[@1]. GroessereTransposition (etwa 4.0 bis 8.0 in beide Richtungen)
wirkt dagegen eher bedrohlich. Die assoziierte Groessenordnung geht ins
insektenhaft Kleine bzw. ins Riesige.
Noch groessere Transposition (ueber 8.00) fuehrt zunaechst
in Bereiche, in denen die Identitaet mit dem Original unter Umstaenden nicht
mehr nachvollziehbar ist, die Zeitwahrnehmung ist an der Kippe zu einer
anderen 'Sicht', zu einer neuen, elementaren Gestaltwahrnehmung. Solche
Grenzzustaende sind manchmal sehr anstrengend zu hoeren. (Staendige
Beschaeftigung damit fuehrt zu regelrechtem Stress). Noch groessere
Transposition fuehrt aus diesem Bereich aber wieder hinaus, die Geschwindigkeitswahrnehmung
kehrt sich um, das innere Tempo scheint wieder langsamer oder schneller zu
werden. Wo diese Umkehrpunkte sind und wie stark sie wirken, haengt sehr vom
Klangmaterial selber ab. In der Regel ist dieser Wechsel aber zyklisch bei
fortgesetzter Transposition.
Tempotransposition allein angewandt hat ihre natuerlichen
Grenzen: die Frequenzen verlassen
den Hoerbereich, zeitliche Prozesse werden mikroskopisch kurz oder
unnachvollziehbar lang. In der Kombination mit anderen Transformationen, die
diese Phaenomene kompensieren, kann man diese Grenzen aber weit ueberschreiten.
[@2].
Jeder auch nur einigermassen lebendige Klang hat einen inneren Rhytmus, einen inneren Puls. Dieser veraendert sich mit der Transposition. Das gilt es bei der Melodiebildung durch Tempotransposition zu beachten. Ein linearer Rhythmus ist da oft nicht geeignet und fuehrt zu grotesken und bizarren Bewegungstypen. (Das kann natuerlich auch beabsichtigt sein). Einen ruhigeren Gesamteindruck von Bewegung erziehlt man erfahrungsgemaess durch Verwendung von Exponentialreihen fuer die zeitliche Struktur [@4]. Eine andere Methode ist, das Metrum flexibel zu halten und an den sich staendig veraendernden inneren Rhythmus anzupassen. Dabei muessen nicht notwendig alle hoeheren Passagen schnell und alle tieferen langsam sein: Man kann auch dagegenarbeiten, teilen, synkopieren, etc. [@5]
Bei der Akkordbildung durch Tempotransposition sind die hohen Komponenten (besonders deutlich bei Ausklaengen) ensprechend kuerzer als die tiefen. Das entspricht aber ganz gut den natuerlichen Gegebenheiten bei den Musikinstrumenten (tiefe Klaviersaiten klingen laenger aus als hohe). Hinsichtlich der Dichte gibt es aber eine Grenze: wenn die Intervalle zu klein sind, dann verschmelzen die Komponenten zu einer neuen Klanggestalt, die nicht als 'Akkord' wahrgenommen wird. Die Schichtung eines starren Klanges in ganz kleinen Tempointervallen wird zu einem neuen, beweglichen, biegsamen Klangtypus [@9], ein Cluster in engen Intervallen wird zu einem rauschenden Pseudoglissando [@10].
Tempotransposition ist ein einfaches und effizientes Mittel
zur Erzeugung von polyrhythmischen Strukturen mit KM das in sich deutlich
rhythmisch ist. Proportionen, die, wenn man sie Musikern vorschriebe, sehr
vetrackt waeren (7:9 oder 11:13 zB.), wirken dabei haeufig organisch und
unmittelbar verstaendlich, wenn sie auf diese Weise exakt realisiert werden
[@6].
Auch hier gibt es eine Grenze hinischtlich der Dichte.
Schichtungen in kleinen Tempointervallen werden nicht mehr polyrhythmisch
empfunden, sondern als eigener Klangtypus, je nach Synchronisation
verschwommen, schnarrend, rauchig [@11]
Der 'Schnittpunkt' von Frequenz und Zeit ist alles andere
als ein geometrischer Punkt. Denn Frequenz und Zeit bilden keine rechtwinkelige
Koordinaten, wie es uns das Notenbild oder diverse 3D-Sonogramme suggerieren.
Sie formen an dieser Stelle einen Raum, denn man am ehesten noch als 'Abgrund'
beschreiben kann. Klaenge, die in diesem Bereich stark praesent sind, wirken
plastisch, tiefgruendig; solche, die darin wenig praesent sind, wirken eher
schal und oberflaechlich.
Tempotransposition verschiebt diesen Uebergangsbereich !
Bei stark plastischen Klaengen kann es daher geschehen, dass
bereits geringe Transposition die nachvollziehbare Identitaet zerstoert und das
Denken in einfachen Intervallen durchkreuzt. Dann kann es vorkommen, dass eine
Transposition von nur 10% (Faktor 1.1) nicht die zu erwartende
Tonhoehenveraenderung um einen Ganzton bewirkt, sonder gaenzlich andere Intervallverhaeltnisse,
weil wichtige Teile fuer die Tonhoehenwahrnehmung verschwinden, andere dafuer
in Erscheinung treten. Mit solchen 'Identitaetsspruengen' kann man sehrwohl
komponieren, Melodiebildung in einem traditionellen Sinn ist damit aber nur begrenzt
moeglich. [@3]
analog
durch varispeed bei Tonbandmaschinen. Dabei ist zu
beachten, dass die Entzerrung nicht mehr stimmt: der Klang wird bei schneller
Geschwindigkeit scharf, bei langsamer dumpf. (Bei den schaltbaren
Bandgeschwindigkeiten dagegen wird die Entzerrung entsprechend korrigiert). An
diese klanglichen Gegebenheiten hat man sich im Laufe der Jahrzehnte gewoehnt.
Groessere Probleme sind erst wieder durch die Verwendung von noise reduction
(dbx, dolby) aufgetreten, weil dabei die Decodierung stark beeintraechtigt wird.
digital
• durch Veraenderung der sampling rate.
Jeder digital gespeicherte Wellenverlauf kann grundsaetzlich
in jeder beliebigen Geschwindigkeit (Abtastrate) reproduziert werden.
Einige aeltere sound-Karten haben das als feature auch angeboten. Voraussetzung
fuer einen sauberen Klang sind flexible Glaettungsfilter.
• durch Interpolation.
Es zeigt sich, dass die Tempotransformation innerhalb des digitalen Mediums im Grunde ein harmonikales Problem ist: ideal saubere Ergebnisse gibt es theoretisch nur bei Tempofaktoren in ganzzahligen Bruechen. Praktisch genuegt meistens vorherige oder nachtraegliche Filterung, um aliazing oder Rauhigkeit zu vermeiden. Bei heiklerem KM (schmalbandige Klaenge und unharmonische Spektren) empfiehlt sich oversampling oder Interpolation hoeherer Ordnung.
| @1 |
Frank Zappa: WE'RE ONLY IN IT FOR THE MONEY |
|
@2 |
Guenther Rabl: STYX |
|
@3 |
Guenther Rabl: KLEINE FUGE |
|
@4 |
Guenther Rabl: FAREWELL TEMPERED PIANO |
|
@5 |
Guenther Rabl: 4 SKIZZEN |
|
@6 |
Karlheinz Stockhausen: GESANG DER JUENGLINGE |
|
@7 |
Pierre Henry: LE VOILE D'ORPHEE |
|
@8 |
Dieter Kaufmann: WIENER WERKEL |
|
@9 |
Guenther Rabl: LANDSCHAFT |
|
@10 |
Guenther Rabl: FOURIER AUF DER REISE NACH PRAG |
|
@11 |
Bernard Parmegiani: ENTRE TEMPS |